Ein Bürger aus Herbern
macht dänische Geschichte
Mitgeteilt vom Herrn Dechant Storp in Ahaus, früher Missionar in Dänemark,
entnommen aus den nordischen Geschichtsurkunden, 1920
Anmerkung zum Dechant
Storp:
Clemens Maria Storp
geb. 15. 4. 1854 in Münster, gest. 21. 11. 1932 in Ahaus
Priesterweihe in Freiburg 19. 7. 1877
Vikar in Odense auf Fünen, DK
Missionspfarrer in
Kolding
Dechant in Ahaus 1917
Wortlaut des Dokumentes:[1]
Ein Didrich Schlaghoek (=heck) aus Herbern wurde in Kopenhagen auf den alten
Markt 1522 hingerichtet. Er war nach einer Nachricht „filius illegitimus
sacerdotis“ (illegitimer Sohn eines Priesters), war Stiftsherr(?) in
Münster, kam mit Arcimbolatus, dem Tetzel (Ablassprediger) des Nordens nach
Scharendem. Dorthin war eine Mutter Siegberitt, eine Holländerin, ihres
Zeichens Gemüsehändlerin, gekommen mit ihrer Tochter Dubeke (.. ?..durch die
jene einen großen Einfluss erreichte, da Dubeke die Konkubine des Königs
Christian des Blutigen war (hatte sie auf n. Bürgerball kennengelernt). Dubeke
starb 1517. Über Didrich Schlaghoek sagt der Chronist Paulus Elial:
Anno ab orbe r(e?)coniciliato 1522 mense Januario pridie conversionis beatissimi
Pauli apostoli, ultimo supplicio affectus est quidem magister Theodoricus
Vestfalicus (der obrige D.) olim familiaris domini Angeli Arcimboldi, legati
Romani pontificis. Is cum prodidisset universa domini sui arena, tandem turpi
obsequio patrocinio et suffragiis Sigisbertae (obige Siegbrith), mulieris
flagitiis et crudelitate famosissimae, regi Cristiano devinctus est, ad
patrandam omnem iniquitatem adeoque factus est non autor et consultor solum sed
etiam executor universae tyrranidis eiusdem regio atque praecipue
decollationis episcorum et nobilium ac civium Holmensium regni Suetiae
(Stockholmer Blutbad, eine Abordnung von Bürgern, die eine Milderung des königl.
Urteils erbitten wollten, wurde durch Didrich zurückgewiesen, auch soll der
Beistand eines Priesters nicht bewilligt worden sein) submersioris sed
monachorum in monastorio Nydall, Cistertiensis ordinis, adeo tamen fuerat ad
honores evectus per eundem Christianum regem ut primum esset an princeps
universo suecorum regno praefectus, ac postea, cum infelicissime gersisset(?)
tantum magistratum, vi illatus est sangenarius ille in archiepiscopatum
Ludensem, epistopatumque Scharensem, quo illis duabus ecclesiis pastor et
episcopus praeesset (nur geschildert, nicht bestätigt von Rom.) homo
sceleratissimus furca et tartaro dignus. Demum cum concepto odio in nullos
seviebat atrocius idem rex quam in suos familiares, ita in home Theodoricum
atrocissime grassatum atque seritum est, cum in contumeliam Romanae ecclesiae ac
totius ecclesiastiti status ignominiam, absque publica iuris sententia,
combustus sit, posteaquam reductus fuerat ad rogom a patibulo, ad quod
suspendentus ducebatur Haffinae (Kopenhagen) in foro publico
quod vetus forum nuncupator. Quo supplicio
utinam omnes pereant, qui principnum animos non nisi optimis rationibus
inbuendos, corrumpunt atque pessimis consiliis habefactant.
Ein Bruder dieses Diedrich war Heinrich, auch im Norden tätig, steht aber in bestem Andenken.
Im Januar des Jahres 1522, gezählt seit Erlösung der Welt, am Vortage des Festes der Bekehrung des heiligen Paulus, wurde ein gewisser Meister Theodorius Westfalicus, der obengenannte Diedrich (aus Herbern) zum Tode verurteilt. Er war früher ein Diener des Herrn Angelus Arcimboldus, ein Gesandter des römischen Pontifex. Nachdem er den gesamten Besitz seines Herrn verschleudert hatte, schmeichelte er sich mit Hilfe und Fürsprache einer Dame Sigbritt beim dänischen König ein, dem er dann ganz ergeben war. Mit aller Härte wurde er der Vollstrecker dessen Tyrannei. Sigbritt war berüchtigt wegen ihrer Skandale und Grausamkeiten. Diedrich war nicht nur Wortführer und Ratgeber des Königs, sondern auch der Vollzieher seiner totalen Gewaltherrschaft (in Kopenhagen und) Nachbarländern. Besonders verantwortlich war er für das Köpfen des Episkopates und des Adels sowie der Bürger von Stockholm im Königreich Schweden. (Es war das sogenannte Stockholmer Blutbad: Eine Abordnung von Bürgern, die eine Milderung des königlichen Urteils erbitten wollten, wurde von Diedrich zurückgewiesen; auch soll er priesterlichen Beistand verweigert haben). Die einzelnen Stände wurden voneinander getrennt geköpft, die Mönche des Zisterzienser Klosters Nydall wurden ertränkt. Durch den König Christian ist er zu höchsten Ehren aufgestiegen und er wurde so vermessen, dass er Herrscher von Schweden werden wollte. Später brachte er noch größeres Unglück und wollte, gestützt auf seine blutrünstige Herrschaft, auch dem Erzepiskopat von Scharense vorstehen und Pastor beider Kirchen werden. (nur geschildert, nicht bestätigt von Rom)
Er war ein böser Mensch,
den man am Galgen festbinden, auspeitschen und dann zur Hölle schicken sollte.
Am Ende gehorchte er mit seinem angeborenen Hass niemandem, weder dem König,
noch dessen Angehörigen. Dann endlich erhob man sich gegen den Menschen
Theodoricus und verhaftete ihn; dabei verhöhnte er mit üblen Worten die römische
Kirche und ihre Diener. Es kam zum öffentlichen Richterspruch, dass er auf dem
Scheiterhaufen verbrannt werden solle, nachdem er in Kopenhagen öffentlich
gehängt worden sei.
Oh, wenn doch durch solche Urteile alle jene bestraft würden, die den Verstand
der Herrschenden nur mit schlechten Ratschlägen verdrehen, beschädigen oder mit
Bosheit zugrunde richten
Der geschichtliche Hintergrund ist folgender:
Ende des 15. Jahrhunderts waren Norwegen, Schweden und Dänemark unter der
dänischen Krone mehr oder minder vereint. Um 1500 erlitten die Dänen gegen die
Dithmarsche Bauernrepublik eine verheerende Niederlage. Durch diese Schwächung
veranlasst, vertrieben die Schweden 1501 die Dänen aus ihrem Lande.
In den Jahren 1513 bis 1523 versuchte der obengenannte Christian II., ein
Schwager des deutschen Kaisers Karl V., die dänische Vorherrschaft
wiederherzustellen und die Macht des Adels und der Geistlichkeit zu
beschränken. Nach dem Sieg um 1520 über die Schweden ließ sich Christian II.
als erblicher König in Stockholm krönen. Er liquidierte die Opposition bei dem
„Stockholmer Blutbad“, durchgeführt durch einen Bürger aus Herbern.
1 Mit dem Dokument hat es folgende Bewandtnis: Dechant Storp hat im Jahre 1920 einen Brief an den Pfarrer von Herbern geschrieben und als Anlage dieses Dokument präsentiert. J. Kemming hat es unter anderen Akten im Pfarrbüro (Keller) gefunden und es mit Genehmigung von Pastor Kruse dem Bistumsarchiv Münster (BAM, Pfarrramt Herbern, Karton 2 )zur Archivierung übergeben.